Utopia Image

Von wegen gesund: So tricksen Hersteller uns aus

gesund produkte hersteller tricks
Foto: CC0 / Pixabay / TungArt7

Viele Lebensmittel, die auf den ersten Blick gesund wirken, haben bei genauerem Hinsehen einen Haken. Oft ist dieser täuschende Eindruck bewusstes Kalkül. Wir zeigen dir, bei welchen Versprechen du hellhörig werden solltest.

Viele Menschen achten auf eine ausgewogene Ernährung und bemühen sich, gesund zu kochen und zu essen. Laut dem BMEL-Ernährungsreport 2024 ist einem Großteil der Deutschen beim Essen sehr wichtig, dass sie gesunde Kost zu sich nehmen – nur guter Geschmack ist ihnen noch wichtiger. 97 Prozent der Frauen und 85 Prozent der Männer legen dem Report zufolge großen Wert auf gesunde Ernährung.  

Zusätzlich zum Allgemeinwissen über die gesundheitlichen Eigenschaften verschiedener Lebensmittel können beim Einkaufen auch die Angaben auf der Verpackung Auskunft darüber geben, wie gesund ein Produkt ist. Dort sind meist die Inhaltsstoffe, der Kaloriengehalt und andere nützliche Informationen aufgeführt. Auch der Nutri-Score, die sogenannte Lebensmittelampel, soll Konsument:innen eine Orientierungshilfe bieten, zieht jedoch auch durchaus Kritik auf sich. (Mehr dazu: Nutri-Score, Lebensmittelampel & Co.: Was bringt die Kennzeichnung wirklich?

Nicht immer sind die Versprechungen der Hersteller aber tatsächlich so gehaltvoll, wie bestimmte Angaben auf der Packung nahelegen: Darunter sind auch viele missverständliche oder ungeschützte Begriffe, die bei genauerem Hinsehen sehr wenig über den Gesundheitsaspekt aussagen. Wir zeigen dir in unserer Übersicht, bei welchen eher zweifelhaften Hinweisen du aufhorchen solltest.

Inhaltsstoffe: Wie gesund sind „Light“, „High Protein“ und Co.?

Fruchtsäfte "ohne Zuckerzusatz" müssen trotzdem nicht zuckerfrei sein.
Fruchtsäfte „ohne Zuckerzusatz“ müssen trotzdem nicht zuckerfrei sein. (Foto: CC0 / Pixabay / JESHOOTS-com)

Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich vor dem Kauf eines Produkts die Liste der Inhaltsstoffe anzuschauen. Deutlich sichtbarer und werbewirksamer sind auf der Packung aber oft auch Einzelversprechen zu bestimmten Inhaltsstoffen abgedruckt: So sollen die gekennzeichneten Produkte etwa weniger Zucker, weniger Kohlenhydrate, mehr Ballaststoffe oder besonders wertvolle Vitamine enthalten.

Im Gesamtzusammenhang betrachtet, bleibt von diesen Versprechungen jedoch oft nicht viel übrig.

  • „Light“/“Leicht“ Light-Produkte gibt es schon lange. Dabei handelt es sich um Alternativen, die weniger ungesunde Inhaltsstoffe enthalten sollen als das Originalprodukt (zum Beispiel weniger Fett bei Chips oder weniger Zucker bei Softdrinks). Das entspricht in der Regel auch den Tatsachen. Trotzdem ist die Light-Version nicht automatisch gesund – denn weniger heißt nicht unbedingt auch wenig. Im Vergleich zu anderen Lebensmitteln können auch Light-Produkte noch vergleichsweise hohe Konzentrationen der jeweiligen Stoffe enthalten – oder ganz andere Stoffe in ungesunden Mengen. Das gibt etwa die Organisation Foodwatch zu bedenken. Unter dem Strich können also auch Light-Produkte nährstofftechnisch unausgewogen und damit ungesund sein. 
  • „Ohne Zuckerzusatz“ Diese Angabe findet sich oft auf Fruchtsäften oder fruchtsafthaltigen Getränken. Auf den ersten Blick sieht das gut aus – „ohne Zuckerzusatz“ bedeutet aber keineswegs „zuckerfrei“, wie die Verbraucherzentrale erklärt, sondern nur, dass dem Produkt kein Zucker zugesetzt wurde. Gerade Fruchtsäfte enthalten aber trotzdem viel natürlichen Fruchtzucker und sind deshalb nur in Maßen empfehlenswert. Auch zuckerfreie Süßstoffe darf ein Produkt enthalten, das mit dieser Angabe gekennzeichnet ist. Gesund ist das nicht unbedingt.   
  • „Mit wertvollen Vitaminen“ Dass Vitamine gesund und wichtig für den Körper sind, weiß jede:r. Trotzdem sind sie nur einer von vielen Bestandteilen einer ausgewogenen Ernährung. Der Vitamingehalt eines Produkts alleine sagt also nicht unbedingt viel darüber aus, wie gesund oder ungesund es ist – denn das hängt vom Gesamtbild ab. Produkte wie Frühstücksflocken oder Kinderjoghurt enthalten beispielsweise zwar Vitamine, zugleich aber oft auch viel Zucker oder Fett in ungesunden Mengen. Dass die Vitamine besonders hervorgehoben werden, kann über den Gehalt anderer Inhaltsstoffe hinwegtäuschen. Das Bayerische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz warnt sogar davor, dass Vitamine solchen Produkten teilweise nur zu Werbezwecken zugefügt werden – und in zu hoher Dosierung.
  • „Reich an Ballaststoffen“ Ähnlich sieht es mit dieser Angabe aus: Auch Ballaststoffe sind zwar gesund für die Verdauung, machen per se aber noch kein rundum gesundes Lebensmittel aus. Laut dem Lebensmittelverband Deutschland ist das Werbeversprechen „reich an Ballaststoffen“ erst ab einem Gehalt von sechs Gramm pro 100 Gramm erlaubt. Auch ballaststoffreiche Produkte können aber stark verarbeitet oder sehr zuckerreich sein, so etwa viele Müsliriegel. Mehr dazu: Öko-Test Müsliriegel: Mineralöl, Glyphosat und zu viel Zucker.
  • „Proteinquelle“ oder „High Protein“ Diese Angabe richtet sich vor allem an Sportler:innen, die zum Muskelaufbau auf eine proteinreiche Ernährung setzen. Häufig handelt es sich bei High-Protein-Produkten allerdings um Snacks oder Süßigkeiten mit hohem Fett- und Zuckeranteil. Eine gesündere Alternative stellen von Natur aus eiweißreiche Lebensmittel dar, etwa Hülsenfrüchte. 

Grüne Verpackung – grüner Inhalt?

Auch die Gestaltung der Verpackung kann mehr oder weniger subtile Gesundheitsversprechen machen, die das Produkt selbst nicht unbedingt einhält. Unter anderem spielen bei dieser Art von Greenwashing die Farben, die Materialien und die gewählten Motive eine Rolle.

  • Grüne Verpackung und „Natur-Optik“ Wenn Verpackungen in Farben wie Grün und Braun oder in Papieroptik gehalten sind, soll das Natürlichkeit suggerieren – unabhängig vom tatsächlichen Inhalt. Auch Verpackungen mit gelben Farbtönen oder „leichten“ Design-Elementen (etwa einer filigrane Schriftart) nehmen Konsument:innen als gesünder wahr, zeigten Untersuchungen der Universität Kiel.  
  • Früchte auf der Verpackung Sind auf einer Verpackung bunte Früchte abgebildet, soll das auf einen hohen Fruchtanteil hinweisen – tatsächlich sind aber oft nur Aromastoffe oder minimale Mengen Fruchtsaft(-konzentrat) enthalten. Auch das Portal „Lebensmittelklarheit“ der Verbraucherzentrale stellt klar: Fruchtabbildungen sind keine Garantie für hohen Fruchtgehalt. Gesetzlich vorgeschrieben ist nur, dass die abgebildeten Früchte tatsächlich im Produkt enthalten sein müssen – in welcher Form oder in welchen Mengen, ist bislang nicht verbindlich geregelt. 

Bio, glutenfrei, laktosefrei: Ist das auch gesund?

Chips in Bio-Qualität sind trotzdem keine gesunde Mahlzeit.
Chips in Bio-Qualität sind trotzdem keine gesunde Mahlzeit. (Foto: CC0 / Pixabay / CharlotteGovaert)

Aufgrund individueller Ernährungsweisen und Lebensmittelunverträglichkeiten gibt es mittlerweile viele Produkte, die auf spezielle Bedürfnisse abgestimmt sind. Das ist angenehm und praktisch – aber nicht automatisch gesund. Einige Packungsangaben werden in dieser Hinsicht oft missverstanden. 

  • „Bio“ als Gesundheitsversprechen Grundsätzlich sind Bio-Produkte empfehlenswert: Sie stammen aus ökologischer Landwirtschaft und werden nicht mit chemisch-synthetischen Pestiziden angebaut. Außerdem ist der biologische Anbau verträglicher für die Umwelt. Abgesehen davon muss Bio aber nicht immer gesund sein: So können zum Beispiel auch stark zucker- oder fetthaltige Lebensmittel sowie alkoholische Getränke ein Bio-Siegel tragen, solange sie nur ökologische Zutaten enthalten. 
  • „Glutenfrei“ oder „laktosefrei“ Wer an Zöliakie oder Laktoseintoleranz leidet, verträgt kein glutenhaltiges Getreide beziehungsweise keine Milchprodukte. Gluten- und laktosefreie Produkte kommen diesen Menschen entgegen, sind ansonsten aber nicht unbedingt gesünder als herkömmliche Lebensmittel. Nicht von einer Unverträglichkeit betroffenen Menschen bieten sie keine Vorteile, bestätigt auch die Verbraucherzentrale. Auch gluten- und laktosefreie Produkte können zum Beispiel reich an Fett, Zucker oder Kalorien sein
  • Produkte mit „Superfoods“  In den letzten Jahren hat sich ein verstärkter Trend zu „Superfoods“, wie Chia-Samen, Gojibeeren oder Quinoa, herausgebildet, die mit großen Gesundheitsversprechen aufwarten. Viele dieser Lebensmittel enthalten tatsächlich Stoffe, die nachweislich gesundheitsfördernd sind, so die AOK. Zum einen würden die zugrundeliegenden Studien aber größtenteils unter Laborbedingungen durchgeführt, weswegen die Ergebnisse schwer übertragbar seien. Zum anderen sind „Superfoods“ oft nur Einzelbestandteile eines Gesamtprodukts und dieses Produkt nicht hinreichend untersucht, um seine gesundheitliche Wirkung fundiert einschätzen zu können. Häufig finden sich Superfoods zum Beispiel als Zusätze in stark verarbeiteten und ernährungstechnisch unausgewogenen Produkten, bemängelt Angela Clausen von der Verbraucherzentrale. Mehr dazu erfährst du hier:

Selbst die Nährwertangaben können irreführend sein

Wenn es um die Frage geht, wie gesund ein Produkt ist, ist ein sorgfältiger Blick auf die Nährwerttabelle also immer noch am verlässlichsten. Selbst hier gibt es allerdings Stolperfallen: Während die Nährwertangaben in der Regel pro 100 Gramm angegeben werden, ist auf vielen Packungen oft auch die zusätzliche Angabe „pro Portion“ angegeben.  

Diese Portionen sind oft eher klein bemessen (zum Beispiel 30 Gramm Chips) – zu klein, wie die Verbraucherzentrale bemängelt. Sie lassen deshalb den Kalorien-, Fett- oder Zuckergehalt des Gesamtprodukts harmloser wirken, als er tatsächlich ist. Außerdem liegt der Irrtum nahe, versehentlich in der Tabellenspalte zu verrutschen und die „Pro Portion“-Angabe für eine Angabe pro 100 Gramm zu halten. 

Beim Untersuchen der Packung lohnt es sich also, einen kritischen Blick beizubehalten – gerade bei vermeintlich gesunden Produkten. Dabei helfen können dir auch verbraucherfreundliche Apps, die Inhaltsstoffe für dich überprüfen.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.
War dieser Artikel interessant?
OSZAR »